Dienstag, 19. Oktober 2004
Brief an den Aberglauben
Die Erfassung von Informationen durch unsere Sinne
wird anhand von Mosaiken vorgenommen. Umso mehr
Steinchen zueinander passen, umso klarer die
Vorstellung und das, was wir wahrnehmen.
Umso größer die Übereinstimmung mit vorhandenen,
gespeicherten Mosaiken, je größer das Verständnis.
Aber leider auch die Befürchtung.
Passiert jemandem ein großes Ungeschicke und
er sieht dabei eine schwarzen Katze, dann würde bei
einer Wiederholung einer Lebensszene mit einer
schwarzen Katze das Verhaltensmuster des Mosaiks
Gefahr bedeuten. Dasselbe könnte mit einer Leiter
passieren und/oder welchem Gegenstand auch immer.
Nur zu blöde, dass dieser dann mit einem negativen
Glauben belegt ist. Weil er leider ein Stein im
Mosaik ist.
Dasselbe gilt aber auch für den positiven Aberglauben.
Gewinnt man eine Präsentation mit einer bestimmten
Krawatte, dann gehört diese zukünftig zur Gewinner-
strategie. Fußballtrainer laufen deshalb ganze
Siegesserien mit denselben Klamotten rum.
Das Mosaik des Gewinnens deckt sich somit mit der
gewünschten Möglichkeit, wieder zu gewinnen.
Das Verhindern einer solchen Wiederholung, also
der negative Aberglaube, lässt uns dieselbe
Krawatte verdammen oder eine schwarze Katze lieben
und verehren. Die Frage, zu welchen Mosaiken gehören
die weltlichen oder unterbewussten Dinge.
Somit besteht der Aberglaube aus nichts weiter, als
Mosaiksteinen, die entweder beabsichtigt entfernt
oder verhindert werden. Oder eingefügt und befür-
wortet werden. Obwohl das mit dem Ausgang eines zu
erwartenden Ereignisses nichts zu tun hat.
Aber wir folgen den Mosaiken unserer Wahrnehmung, weil
wir uns schon wohler fühlen, wenn wir es tun. Somit
sind sie legitimierter Aberglauben. Denn wir fühlen
uns wohler, ihnen zu folgen. Und wenn sie auch nichts
mit dem zu erwartenden Ausgang gemein haben, dann mit
dem Wohlbefinden. Hier siegt mal wieder die Emotion
über die Logik.
Wie schön menschlich.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
20:00
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Brief an die Abhängigkeit
Eigentlich bist du nur eine Illusion.
Denn trotz des Umstands, dass du deine Fesseln
überall anlegst, wo es dir gelingt, sind
diese erschreckend leicht zu lösen.
Das weiß man nur vorher nicht. Darum dient
man dir. Man ist von so viel anscheinend
abhängig. Bis zu dem Zeitpunkt, dass du,
aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr
zu bedienen bist. Dann bist du plötzlich weg.
Beim Rauchen ist das ebenso, wie beim
Arbeiten. Man denkt ständig, was alles passieren
kann, wenn man dich verliert. Aber dann gewinnt man
die Erkenntnis, dass man ohne dich viel besser
leben kann. Die Abhängigkeit von der Ab-
hängigkeit ist die es, die es gilt, im Laufe eines Lebens
zu lösen. Denn eigentlich gibt es nichts, für
das es sich wirklich lohnt, dass man abhängig
davon wird. Denn am Ende eines jeden Lebens
endet auch jede Abhängigkeit.
Somit kann man die ungesunden viel früher in den
Wind schießen. Und die schönen viel besser aus-
kosten. Aber die Stricke, die du anlegst, gilt
Es ständig zu kappen. Denn wie im Netz der Spinne
ist man plötzlich Gefangener der eigenen Unacht-
samkeit.
Denn nichts treibt einen ins Netz der Abgängigkeit,
außer man sich selbst. Natürlich ebnen viele
Geschehnisse eines Lebens den Weg in die Fänge.
Aber die Schritte unternimmt man selbst. Darum
kann man auch den Weg zur Abhängigkeit einfach
in einen Weg weg von der Abhängigkeit wechseln.
Man muss nur den ersten Schritt tun. Und dann erst
den nächsten. Und so lernt man den unglaublichen
Genuss auf dem Weg zurück in die Freiheit.
Denn die hat keine und kennt keine Abhängigkeiten,
sondern nur freiwillige Verbindungen.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
19:00
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Brief an das Abwarten
Alles benötigt seine Zeit. Manchmal geht es
viel zu schnell vorüber. Aber oft kommt es
nur langsam vorwärts. Die Kunst, abwarten zu können,
ist keine, derer ich Herr bin. Die Ungeduld
liegt mir da schon näher. Dabei gibt es viele
gerade wunderschöne Dinge des Lebens, für die
es sich wirklich lohnt, abwarten zu können.
Ob die Liebe des Lebens. Oder das Glück.
Denn wann es kommt, ist eigentlich zweitrangig.
Hauptsache, es erreicht einen zu Lebzeiten in
seiner reinsten Form.
Nicht abwarten können verleitet einen dazu,
zu früh etwas in Dinge rein zu interpretieren,
die rückblickend einfach nicht da waren.
Wer nicht warten kann auf das, für das es sich
lohnt, zu warten, der muss mit dem Gedanken
leben lernen, nicht das bekommen zu haben, auf
das es sich wirklich lohnt, zu warten.
Beim Essen, Trinken, im Urlaub, beim Sonnenuntergang,
am Bahnsteig, auf einen Freund, die Liebe,
die Geburt, den Erfolg, die Anerkennung, das Glück.
Alles ist möglich in einem Leben. Und man muss
natürlich auch etwas dafür tun, aber das zu erringen,
was man erhofft hat, heißt abwarten zu können.
Sonst trinkt man den Kaffee des Lebens zu heiß
Und verbrennt sich den Mund. Alles hat seine
Zeit. Die niemand kennt. Und wie schnell oder
langsam andere an Ziele und Träume gelangen, ist
zweitrangig. Denn die Lebensuhr der Menschen
tickt bei jedem völlig anders. Hier mal langsamer
und hier mal schneller. Und so heißt es zwar, immer
dran bleiben, aber abwarten können auf das,
was man wirklich vom Leben wollte.
19. Oktober 2004
viel zu schnell vorüber. Aber oft kommt es
nur langsam vorwärts. Die Kunst, abwarten zu können,
ist keine, derer ich Herr bin. Die Ungeduld
liegt mir da schon näher. Dabei gibt es viele
gerade wunderschöne Dinge des Lebens, für die
es sich wirklich lohnt, abwarten zu können.
Ob die Liebe des Lebens. Oder das Glück.
Denn wann es kommt, ist eigentlich zweitrangig.
Hauptsache, es erreicht einen zu Lebzeiten in
seiner reinsten Form.
Nicht abwarten können verleitet einen dazu,
zu früh etwas in Dinge rein zu interpretieren,
die rückblickend einfach nicht da waren.
Wer nicht warten kann auf das, für das es sich
lohnt, zu warten, der muss mit dem Gedanken
leben lernen, nicht das bekommen zu haben, auf
das es sich wirklich lohnt, zu warten.
Beim Essen, Trinken, im Urlaub, beim Sonnenuntergang,
am Bahnsteig, auf einen Freund, die Liebe,
die Geburt, den Erfolg, die Anerkennung, das Glück.
Alles ist möglich in einem Leben. Und man muss
natürlich auch etwas dafür tun, aber das zu erringen,
was man erhofft hat, heißt abwarten zu können.
Sonst trinkt man den Kaffee des Lebens zu heiß
Und verbrennt sich den Mund. Alles hat seine
Zeit. Die niemand kennt. Und wie schnell oder
langsam andere an Ziele und Träume gelangen, ist
zweitrangig. Denn die Lebensuhr der Menschen
tickt bei jedem völlig anders. Hier mal langsamer
und hier mal schneller. Und so heißt es zwar, immer
dran bleiben, aber abwarten können auf das,
was man wirklich vom Leben wollte.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
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18:00
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Brief an die Ahnungslosigkeit
Es gab eine Zeit, da spielten High End Laut-
sprecher eine gewisse Rolle in meinem Leben.
Da begegnete mir erstmals etwas, was sich dann
häufen sollte. Die Ahnungslosigkeit.
Diese drückte sich folgendermaßen aus. Kunden,
die stolze Besitzer eines unserer sehr guten
und schönen und zugleich nicht billigen Laut-
sprecher wurden, riefen häufig unentwegt und sehr
aufgeregt an. Mit der festen Annahme, dass ein Laut-
sprecher defekt sei. Und der Absicht, das umgehend
Ersatz herbei geschafft werden müsste.
In 80 % der Fälle war der Balanceregler am Verstärker
aus Versehen zu einer Seite eingeschlagen. Was
dazu führte, das aus dem anderen Kanal nichts
kommen konnte. Dieser Hinweise wurde in der Regel erst
abgewiegelt, dann trat Stille ein und man vernahm nur
noch eine leises: Oh! Und schon war die Welt
wieder in Ordnung. Nichts war mit kaputt, Austausch
oder anderen Mutmaßungen. Es war eine Art von
Ahnungslosigkeit eingetreten, das Problem nicht
beim kleinsten Nenner zu suchen, sondern natürlich da
das Schlimmste anzunehmen. 19 % der Anrufer
hatten den Balanceregler zwar auf Mitte, aber entweder
übersehen, dass man zwischen den Lautsprechern A und B
sich am Verstärker entscheiden musste, oder einfach
ein Kabel nicht richtig angeschlossen war. Ver-
einzelt war auch einfach der Verstärker nicht an.
Aber alles in allem Bagatellen, die aber von einer
Ahnungslosigkeit angetrieben wurden. Die der
Annahme des größtmöglichen Schadens. Und die des
kleinstmöglichen Fehlers. Denn der kann unmöglich
bei einem selbst liegen. Fehler machen und haben
immer erst die anderen. Dabei könnte man ahnen,
dass es in über 80 % der Fälle nie der Fall ist.
Diese Vorahnung könnte einen veranlassen, mal
die drei Hauptübeltäter für technische Probleme
selbst auf die Schnelle zu kontrollieren. Aber
wer ahnt denn schon, dass so wenig so viel anrichten
kann. Diese Ahnungslosigkeit über die Kleinig-
keit mit großer Wirkung ist das eigentliche
Problem, das für sehr vieles im Leben sehr oft
zutrifft. So ist vieles nicht defekt, sondern der
Stecker ist nur nicht drin. Wenn das alle wüssten,
würden die Hotlines und Serviceteams so gut wie
nichts zu tun haben.
19. Oktober 2004
sprecher eine gewisse Rolle in meinem Leben.
Da begegnete mir erstmals etwas, was sich dann
häufen sollte. Die Ahnungslosigkeit.
Diese drückte sich folgendermaßen aus. Kunden,
die stolze Besitzer eines unserer sehr guten
und schönen und zugleich nicht billigen Laut-
sprecher wurden, riefen häufig unentwegt und sehr
aufgeregt an. Mit der festen Annahme, dass ein Laut-
sprecher defekt sei. Und der Absicht, das umgehend
Ersatz herbei geschafft werden müsste.
In 80 % der Fälle war der Balanceregler am Verstärker
aus Versehen zu einer Seite eingeschlagen. Was
dazu führte, das aus dem anderen Kanal nichts
kommen konnte. Dieser Hinweise wurde in der Regel erst
abgewiegelt, dann trat Stille ein und man vernahm nur
noch eine leises: Oh! Und schon war die Welt
wieder in Ordnung. Nichts war mit kaputt, Austausch
oder anderen Mutmaßungen. Es war eine Art von
Ahnungslosigkeit eingetreten, das Problem nicht
beim kleinsten Nenner zu suchen, sondern natürlich da
das Schlimmste anzunehmen. 19 % der Anrufer
hatten den Balanceregler zwar auf Mitte, aber entweder
übersehen, dass man zwischen den Lautsprechern A und B
sich am Verstärker entscheiden musste, oder einfach
ein Kabel nicht richtig angeschlossen war. Ver-
einzelt war auch einfach der Verstärker nicht an.
Aber alles in allem Bagatellen, die aber von einer
Ahnungslosigkeit angetrieben wurden. Die der
Annahme des größtmöglichen Schadens. Und die des
kleinstmöglichen Fehlers. Denn der kann unmöglich
bei einem selbst liegen. Fehler machen und haben
immer erst die anderen. Dabei könnte man ahnen,
dass es in über 80 % der Fälle nie der Fall ist.
Diese Vorahnung könnte einen veranlassen, mal
die drei Hauptübeltäter für technische Probleme
selbst auf die Schnelle zu kontrollieren. Aber
wer ahnt denn schon, dass so wenig so viel anrichten
kann. Diese Ahnungslosigkeit über die Kleinig-
keit mit großer Wirkung ist das eigentliche
Problem, das für sehr vieles im Leben sehr oft
zutrifft. So ist vieles nicht defekt, sondern der
Stecker ist nur nicht drin. Wenn das alle wüssten,
würden die Hotlines und Serviceteams so gut wie
nichts zu tun haben.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
17:00
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Brief an das Alter
Na, du bist ja eine komische
Erscheinung. Entweder ist man
zu jung. Da glaubt einem keiner,
was man sagt.
Und schwupp ist man zu alt und
ss hört einem keiner mehr zu,
was man sagt.
Und dann wollen alle immer jung
bleiben. Und im hohen Alter
jung sterben. Warum setzt du
nicht deine Stärken ein?
Deine Weisheit, deine Erkenntnisse,
deine Erfahrungen, deine Gelassenheit.
Du hast so viele Vorzüge.
Du weißt so vieles besser, aber
machst keinen Gebrauch davon.
Sondern schaust zu, wie alle nicht
einen Tag älter werden wollen. Sondern
immer jünger.
Absurd, das alle möglichst alt werden wollen,
aber ohne alt zu sein. Und alt werde ist
auch noch eine ziemlich große Belastung
geworden.
Denn das Alter versteckt sich. Man
will keine Alten ständig sehen.
Dabei werden wir immer älter. Und mehr Ältere.
Aber das beschleunigt den Wahn zum
Jungsein nur noch.
Auf was wartest du noch, Alter? Zeig es den Jungen
Oder ist das die Weisheit des Alters,
eben nicht jeder Mode und jedem Trend
hinterher zu jagen? Sondern in aller
Ruhe den Sturm vorüber ziehen zu lassen.
Zuzutrauen wäre es dir.
19.Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
16:50
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Brief an Amerika
Groß war meine Bewunderung. Alles, was Sterne und
Streifen hatte, war erhaben über alles andere.
Sogar deine Muttermilch Coca Cola hat mehr
politischen Geist als Erfrischungsgeist.
Der Hamburger, deinen Sportargen. Deine Hymne.
Der Jazz. So viele Dinge, die große Symbole der
Freiheit sind, habe ich mit dir verbunden.
Immer Vorbild dafür, dass ein Geist in Freiheit
alles erreichen kann, was er wirklich will.
Als dein Eishockey-Team die Russen bei der Olympiade
schlug, habe ich geweint vor Freude.
So viele Momente des Selbstbewusstseins sind mit
dir verbunden. Du hast mir das Skateboard-
fahren geschenkt. Das Windsurfen. Und ich habe
mir amerikanische Träume gefüllt. So bin ich
Harley Davidson gefahren. Und einen Chevy.
Für deine Vision von Freiheit habe ich alles
kopiert und konsumiert, was aus deinem Schoß
entsprungen ist. Deine Musik habe ich gehört, ohne
ein Wort englisch zu verstehen. Amerika, du warst
mein Vorbild.
Und jetzt ist alles das verblasst und hat sich
umgekehrt. Ich fühle mich von dir missbraucht und
völlig falsch verstanden. Wie ein Erwachsener, der
das Zutrauen eines Kindes missbraucht. Für seine
niedrigen Instinkte. Deine Symbole und Zeichen
sind aus meinem Leben verschwunden, weil der Preis
dessen, was du mir versprochen hast, viel zu hoch ist.
Und weil alles, was du für mich warst, auf falschen
Annahmen aufbaute. Du bist rassistisch. Das wusste
ich nicht, oder wollte ich nicht wissen. Du bist
unsozial zu deinen Bewohnern. Du gehst schlecht
mit deinen Nachbarn und Partnern um. Du missbrauchst
das Vertrauen und deine Position. Du nimmst
Freiheit, um eine Art davon, deine Art, zu exportieren.
Du hast nicht das gehalten, wofür ich dich gehalten
habe. Du hast mein Vertrauen gehabt. Und noch viel
mehr. Ich hätte für dich alles gegeben. Bin nur
froh, dass ich nie in die Situation gekommen bin, dass du
das von mir ein einfordern konntest. Du hast mich ent-
täuscht. Du hast mich belogen. Du hast nicht
Wort gehalten. Ich bin so dankbar, dass ich
genügend Zeit und Abstand zu dir hatte, um dein
wahres Gesicht zu erkennen. Und da wunderst du dich,
dass es Menschen gibt, die sich von dir abwenden.
Du hast deine Macht falsch benutzt. Damit hast du
viele bloß gestellt, gedemütigt und beschämt.
Amerika, wenn du nicht zurück auf deinen Weg
kommst, dann steht dir ein sehr schwerer bevor. Die
Menschen lieben dich nicht mehr.
19. Oktober 2004
Streifen hatte, war erhaben über alles andere.
Sogar deine Muttermilch Coca Cola hat mehr
politischen Geist als Erfrischungsgeist.
Der Hamburger, deinen Sportargen. Deine Hymne.
Der Jazz. So viele Dinge, die große Symbole der
Freiheit sind, habe ich mit dir verbunden.
Immer Vorbild dafür, dass ein Geist in Freiheit
alles erreichen kann, was er wirklich will.
Als dein Eishockey-Team die Russen bei der Olympiade
schlug, habe ich geweint vor Freude.
So viele Momente des Selbstbewusstseins sind mit
dir verbunden. Du hast mir das Skateboard-
fahren geschenkt. Das Windsurfen. Und ich habe
mir amerikanische Träume gefüllt. So bin ich
Harley Davidson gefahren. Und einen Chevy.
Für deine Vision von Freiheit habe ich alles
kopiert und konsumiert, was aus deinem Schoß
entsprungen ist. Deine Musik habe ich gehört, ohne
ein Wort englisch zu verstehen. Amerika, du warst
mein Vorbild.
Und jetzt ist alles das verblasst und hat sich
umgekehrt. Ich fühle mich von dir missbraucht und
völlig falsch verstanden. Wie ein Erwachsener, der
das Zutrauen eines Kindes missbraucht. Für seine
niedrigen Instinkte. Deine Symbole und Zeichen
sind aus meinem Leben verschwunden, weil der Preis
dessen, was du mir versprochen hast, viel zu hoch ist.
Und weil alles, was du für mich warst, auf falschen
Annahmen aufbaute. Du bist rassistisch. Das wusste
ich nicht, oder wollte ich nicht wissen. Du bist
unsozial zu deinen Bewohnern. Du gehst schlecht
mit deinen Nachbarn und Partnern um. Du missbrauchst
das Vertrauen und deine Position. Du nimmst
Freiheit, um eine Art davon, deine Art, zu exportieren.
Du hast nicht das gehalten, wofür ich dich gehalten
habe. Du hast mein Vertrauen gehabt. Und noch viel
mehr. Ich hätte für dich alles gegeben. Bin nur
froh, dass ich nie in die Situation gekommen bin, dass du
das von mir ein einfordern konntest. Du hast mich ent-
täuscht. Du hast mich belogen. Du hast nicht
Wort gehalten. Ich bin so dankbar, dass ich
genügend Zeit und Abstand zu dir hatte, um dein
wahres Gesicht zu erkennen. Und da wunderst du dich,
dass es Menschen gibt, die sich von dir abwenden.
Du hast deine Macht falsch benutzt. Damit hast du
viele bloß gestellt, gedemütigt und beschämt.
Amerika, wenn du nicht zurück auf deinen Weg
kommst, dann steht dir ein sehr schwerer bevor. Die
Menschen lieben dich nicht mehr.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
16:40
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Brief an das Lernen
Es ist eine Eigenschaft, die uns im Wesentlichen von
allen anderen Lebewesen auf diesem Planeten unter-
scheidet. Wir können bis zum letzten Atemzug lernen.
Sagenhaft. Die Meinung, dass Lernprozesse mit der Kind-
heit und Jugend abgeschlossen sind, sind längst
widerlegt. Man kann alles immer lernen.
Man kann bestimmte Qualitäten nicht mehr erlangen.
Aber man kann sehr weit kommen. Ob man Sprachen,
Musikinstrumente oder was auch immer lernen will.
Kein Alter verhindert das. Deshalb sollten viel mehr
alte Menschen wieder studieren gehen. Denn lernen
macht Spaß. Wenn man das Lernen gelernt hat.
Wenn man vermittelt bekommen hat, wie schön
es ist, dass der Mensch sich mit Hilfe seines
Gehirns vollständig selbst beschäftigen kann,
so dass er nie alleine ist. Wer lernt, ist nie alleine.
Er hat immer etwas hinzu zu fügen. Die Neugierde
am Leben zu halten und nicht zu genügsam zu werden,
ist hier die Voraussetzung unserer Wohlstandsgesell-
schaft.
Das Risiko, im Sofa des Wohlstands zu versinken, ist
sehr groß. Deshalb muss man immer wieder auf die
harte Schulbank. Das hält die Neugierde am Lernen
auf hohem Niveau.
Die meisten Menschen glauben mit ein paar Abschlüssen,
einem Führerschein, einem Job und der Volljährigkeit,
sie könnten ruhig das Lernen einstellen. Viele
machen das auch leider. Aber das ist der Anfang
vom Ende der Kultur. Die Arroganz, zu glauben, man
hätte ausgelernt, ist ein fataler Irrglauben.
Denn das, was uns in der Evolution bis zu diesem Tage
hat überleben lassen, ist die Fähigkeit, lernen
zu können. Diese brach liegen zu lassen, muss sich
auf Kosten unserer Spezies auswirken. Was sie
bei genauem Hinsehen schon macht. Wir werden weniger.
Denn wer nichts lernt, hat auch nichts weiterzu-
geben. Der will auch keine Kinder.
Wer viel lernt, der hat eine unbändige Lust, sein
Wissen an seine Nachfahren zu vermitteln. Und
er hat somit zugleich die Chance, von der folgenden
Generation zu lernen.
19. Oktober 2004
allen anderen Lebewesen auf diesem Planeten unter-
scheidet. Wir können bis zum letzten Atemzug lernen.
Sagenhaft. Die Meinung, dass Lernprozesse mit der Kind-
heit und Jugend abgeschlossen sind, sind längst
widerlegt. Man kann alles immer lernen.
Man kann bestimmte Qualitäten nicht mehr erlangen.
Aber man kann sehr weit kommen. Ob man Sprachen,
Musikinstrumente oder was auch immer lernen will.
Kein Alter verhindert das. Deshalb sollten viel mehr
alte Menschen wieder studieren gehen. Denn lernen
macht Spaß. Wenn man das Lernen gelernt hat.
Wenn man vermittelt bekommen hat, wie schön
es ist, dass der Mensch sich mit Hilfe seines
Gehirns vollständig selbst beschäftigen kann,
so dass er nie alleine ist. Wer lernt, ist nie alleine.
Er hat immer etwas hinzu zu fügen. Die Neugierde
am Leben zu halten und nicht zu genügsam zu werden,
ist hier die Voraussetzung unserer Wohlstandsgesell-
schaft.
Das Risiko, im Sofa des Wohlstands zu versinken, ist
sehr groß. Deshalb muss man immer wieder auf die
harte Schulbank. Das hält die Neugierde am Lernen
auf hohem Niveau.
Die meisten Menschen glauben mit ein paar Abschlüssen,
einem Führerschein, einem Job und der Volljährigkeit,
sie könnten ruhig das Lernen einstellen. Viele
machen das auch leider. Aber das ist der Anfang
vom Ende der Kultur. Die Arroganz, zu glauben, man
hätte ausgelernt, ist ein fataler Irrglauben.
Denn das, was uns in der Evolution bis zu diesem Tage
hat überleben lassen, ist die Fähigkeit, lernen
zu können. Diese brach liegen zu lassen, muss sich
auf Kosten unserer Spezies auswirken. Was sie
bei genauem Hinsehen schon macht. Wir werden weniger.
Denn wer nichts lernt, hat auch nichts weiterzu-
geben. Der will auch keine Kinder.
Wer viel lernt, der hat eine unbändige Lust, sein
Wissen an seine Nachfahren zu vermitteln. Und
er hat somit zugleich die Chance, von der folgenden
Generation zu lernen.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
16:30
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Brief an das Lesen
Ich werde immer so müde in deiner Nähe. Meine
Konzentration reicht bei Weitem nicht aus,
dir so viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen,
die es benötigt, dich ernsthaft zu betreiben.
Manchmal gelingt es mir, ein Buch zu lesen.
Aber ich muss mich diesem voll und ganz widmen.
Denn oft denke ich beim Lesen an andere Dinge.
Und am Ende einer Seite weiß ich nicht mehr, was
ich auf derselben gelesen habe.
Dann lese ich die Seit noch mal. Das passiert mir
häufig. Es ist ganz sicher, dass du eine der großen
Bereicherungen des Lebens bist, aber mir fehlt – noch-
die Fähigkeit und vielleicht auch die Bereitschaft
dazu.
Ich sehe lieber Filme im Fernsehen oder im Kino.
Ich sehe lieber Menschen in der Stadt zu. Denn eigentlich
bin ich professioneller Cafésitzer und Milchkaffee-
trinker, Menschbeobachter. Das liebe ich und könnte
ich bei gutem Wetter unentwegt machen.
Ich sehe und denke mir dann Geschichten aus. Über
das alte Ehepaar. Über die junge Mutter. Über den
Typ, der versucht, geschickt eine Zeitung aus dem
Zeitungsständer zu klauen. Der Typ, der beim Einparken
schon drei Mal Anlauf nehmen musste und so weiter.
Ich sehe für mein Leben gerne zu. Und an. Lesen
macht mich so müde. Aber die ganze Welt der Bücher
erwartet mich sicher noch. Die laufen nicht weg.
Wenn die innere Ruhe mich endlich erreicht hat,
dann werde ich alles lesen können, was es Wert ist,
gelesen zu werden. Bis dahin gebe ich mich meinen zwei
großen Leidenschaften hin, dem Sehen und dem Schreiben.
Und beides mache ich in vollen Zügen.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
16:20
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Brief an das Licht
Irgendwer hat mal behauptet, dass, wenn nichts mehr
geht, irgendwo her ein Licht kommt. Das Symbol,
die Hoffnung bis zuletzt nicht aufzugeben. Weil
jemand anderes behauptet hat, die Hoffnung
stirbt zuletzt. Viele schlaue Bemerkungen
ranken sich um das Glück, den Erfolg. Unzählige
Sprichwörter halten einen an, nicht aufzugeben,
die Chancen zu nutzen, die Optionen, alles
für das erhoffte Ziel in die Waagschale
zu werfen.
Diese gehen sogar weit, dass man ständig daran
zweifelt, ob man es denn letztendlich auch verdient
hat, erfolgreich zu sein. Hat man denn alles gegeben,
alles andere hinten angestellt, auf alles ver-
zichtet, hat man alles das wirklich geleistet?
Und war der Wunsch größer, als alles andere?
Wenn man dass mit „Ja“ beantworten kann, man
aber immer noch nichts von dem Licht sieht,
dann stellt sich eine andere Frage: Wann ist
eigentlich Schluss? Wann ist es vorbei? Wann steckt
man zurück? Wann gibt man auf? Wann hört man auf
zu hoffen, zu glauben, sondern fängt an, zu
realisieren, das war’s?
Denn wenn man es nur ein Fünkchen zu früh macht,
verpasst man vielleicht das alles rettende Licht.
Und wenn man es zu spät macht, dann geht das
letzte Licht sowieso aus. Ich weiß nicht, wann man
loslassen darf, ohne ein schlechtes Gewissen
zu haben. Wann lässt man eine Vision einfach sausen,
wann ein Ziel, wann eine Aufgabe, wann eine Freund-
schaft, wann den blöden Rechner, der einen ständig
selbst verlässt? Wann weiß man, dass Schluss ist?
Und die Zeit für einen Neuanfang. Welches Licht
geht da an, oder welches Geräusch kann man
dann vernehmen? Es gibt nur Geschichten für die
Hoffnung, die Liebe und den unerschütterlichen
Glauben, aber wann sagt einem die innere Stimme,
was schon Paul besungen hat: Let it be!
Ich weiß es nicht und sehe nur zu, wie alles immer
mehr schwindet und alles immer weiter sich ent-
Fernt, der Berg der Last sich weiter stapelt.
Und immer denke ich, genau da muss man durch,
wenn man es ernst damit meint. Genau das muss
man erlebt und überlebt haben, um den Sinn
wirklich zu begreifen. Von dem, für das es sich
lohnt, alles hinzuhalten. Aber die Zweifel daran
sind genau so groß. Und werden größer. Wann
soll man loslassen. Und zusehen, wie ein Traum
untergeht.
19. Oktober 2004
geht, irgendwo her ein Licht kommt. Das Symbol,
die Hoffnung bis zuletzt nicht aufzugeben. Weil
jemand anderes behauptet hat, die Hoffnung
stirbt zuletzt. Viele schlaue Bemerkungen
ranken sich um das Glück, den Erfolg. Unzählige
Sprichwörter halten einen an, nicht aufzugeben,
die Chancen zu nutzen, die Optionen, alles
für das erhoffte Ziel in die Waagschale
zu werfen.
Diese gehen sogar weit, dass man ständig daran
zweifelt, ob man es denn letztendlich auch verdient
hat, erfolgreich zu sein. Hat man denn alles gegeben,
alles andere hinten angestellt, auf alles ver-
zichtet, hat man alles das wirklich geleistet?
Und war der Wunsch größer, als alles andere?
Wenn man dass mit „Ja“ beantworten kann, man
aber immer noch nichts von dem Licht sieht,
dann stellt sich eine andere Frage: Wann ist
eigentlich Schluss? Wann ist es vorbei? Wann steckt
man zurück? Wann gibt man auf? Wann hört man auf
zu hoffen, zu glauben, sondern fängt an, zu
realisieren, das war’s?
Denn wenn man es nur ein Fünkchen zu früh macht,
verpasst man vielleicht das alles rettende Licht.
Und wenn man es zu spät macht, dann geht das
letzte Licht sowieso aus. Ich weiß nicht, wann man
loslassen darf, ohne ein schlechtes Gewissen
zu haben. Wann lässt man eine Vision einfach sausen,
wann ein Ziel, wann eine Aufgabe, wann eine Freund-
schaft, wann den blöden Rechner, der einen ständig
selbst verlässt? Wann weiß man, dass Schluss ist?
Und die Zeit für einen Neuanfang. Welches Licht
geht da an, oder welches Geräusch kann man
dann vernehmen? Es gibt nur Geschichten für die
Hoffnung, die Liebe und den unerschütterlichen
Glauben, aber wann sagt einem die innere Stimme,
was schon Paul besungen hat: Let it be!
Ich weiß es nicht und sehe nur zu, wie alles immer
mehr schwindet und alles immer weiter sich ent-
Fernt, der Berg der Last sich weiter stapelt.
Und immer denke ich, genau da muss man durch,
wenn man es ernst damit meint. Genau das muss
man erlebt und überlebt haben, um den Sinn
wirklich zu begreifen. Von dem, für das es sich
lohnt, alles hinzuhalten. Aber die Zweifel daran
sind genau so groß. Und werden größer. Wann
soll man loslassen. Und zusehen, wie ein Traum
untergeht.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
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Brief an das Mentale
Viel wird über dich geredet. Wer dich auf
seiner Seite hat, der hat schon fast
gewonnen. Wer mental richtig eingestellt
ist, der kann wesentliche Schwächen
kompensieren. Weil er seine Stärken ausspielt.
Das heißt, der Geist, die Einstellung führt
den Körper entschiedener zum Ziel. Als im
Vergleich die reine physische Kraft.
Der Wille, der Glaube, die positive Einstellung
beeinflussen das Ergebnis. So soll es sein.
Aber was nützt einem die mentale Stärke,
wenn andere korrupt sind, Doping nehmen,
betrügen, die Voraussetzungen und Regeln
überschreiten und alle anderen Maßnahmen ins
Felde führen, um den potentiell stärkeren
trotzdem zu besiegen.
Wer gewinnen will und muss, aber nicht aus
Reichend Fähigkeiten besitzt, der ist mehr
als geneigt, alles einzusetzen, was ihm letzt-
endlich doch den Sieg einbringen wird.
Wer mental seine Stärken dagegen einsetzt, der
wird ebenso mental den Glauben irgendwann
daran verlieren. Was denkt einer, der weiß, dass
alle Doping nehmen und er nicht gewinnen
wird und kann. Was motiviert ihn trotzdem,
dran zu bleiben, um immer wieder der Unter-
legende zu sein.
Mentale kraft einsetzen ist ja schön und gut,
aber in einer Welt, in der nur der erste Platz
zählt, scheint mir dieses Mittel eher naiv.
Das gilt auch für das Berufsleben. Wie viele
Bessere habe ich unterliegen sehen, weil sie
die Methoden der Verlierer nicht bereit sind,
einzusetzen, oder diese unterschätzen.
Der Sieger in unserem Land ist nach den Regeln,
die wir vermuten, oft nicht der Sieger. Was
alle Sieger verdächtig macht. Ob in der Politik,
der Wirtschaft oder im Sport. Denn ein Großteil
konnte es nur mit Hilfsmitteln schaffen, die
mit der eigentlichen Idee nichts zu tun haben.
Aber wir wollen eben nur Erste. So müssen wir
damit leben, dass wir die wirklich Ersten
nie zu Gesicht bekommen. Sondern nur die Ersten,
die wir dafür halten.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
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16:00
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Brief an das Mitleid
Du bist dann am Größten, wenn du am wenigsten
Helfen kannst. Aber da, wo du wirklich gebraucht
wirst, da bist du weit und breit nicht zu
sehen. An Orten, wo man wirklich auf dich verzichten
könnte, da hältst du dich auf. Aber da, wo dringend
gerade du nach dem Rechten schauen könntest,
da schaust du weg. Mitleid. Du unterlassene Hilfe-
leistung. Du schienst dich im Schmerz des anderen
wohl zu fühlen. Du nimmst nicht in den Arm
der anderen sonder deiner selbst willen.
Du stehst starr da und machst nichts, außer deiner
Betroffenheit über das Schicksal anderer Aus-
druck zu verleihen. Anstatt deinen Gefühlen
freien Lauf zu lasen. Denn dem Mitleid ist man
fast geneigt, genauso so viel Aufmerksamkeit zu
widmen, wie dem Leid.
Aber du vereinst uns. Im Mitleid sind
wir miteinander im Leid. Alle nähern wir uns dem
Leid eines anderen. Wir trauern, wir leiden ein wenig
mit. In der Hoffnung, den Schmerz zu mindern.
Oft übertreibst du es und man weiß nicht mehr,
was man von dir halten soll. Aber oft unterschätzt
man dich. Denn du kannst die Solidarität mit dem
Schicksal bekunden. Nicht da, wo du selbst ge-
tröstet werden willst. Sondern dich zurück hältst
und das Schicksal in den Arm nimmst. Den Schmerz
streichelst. Da, wo du schweigst und einfach nur
zuhörst. Da, wo du die Tür öffnest und das
Leid willkommen heißt. Da, wo du Grenzen über-
schreitest im Schmerz und dich selbst nicht so
wichtig nimmst. Da, wo du dich anstellst. Da, wo
du einfach nur da bist im Leid. Da ist Mitleid
das, was es sein soll. Aber leider hast du oft die
Gestalt eines Mitreisenden angenommen.
Der sich gerne im Leid anderer spiegelt, um dann
das Geschehen zu verlassen mit dem einen Gedanken,
was für in Glück ist mir das nicht passiert.
Mitleid nimmt kein Leid. Sondern es hilft im Leid,
alles das zu tun oder zu lassen, um Menschen im
Leid nicht alleine zu lasen.
19. Oktober 2004
Helfen kannst. Aber da, wo du wirklich gebraucht
wirst, da bist du weit und breit nicht zu
sehen. An Orten, wo man wirklich auf dich verzichten
könnte, da hältst du dich auf. Aber da, wo dringend
gerade du nach dem Rechten schauen könntest,
da schaust du weg. Mitleid. Du unterlassene Hilfe-
leistung. Du schienst dich im Schmerz des anderen
wohl zu fühlen. Du nimmst nicht in den Arm
der anderen sonder deiner selbst willen.
Du stehst starr da und machst nichts, außer deiner
Betroffenheit über das Schicksal anderer Aus-
druck zu verleihen. Anstatt deinen Gefühlen
freien Lauf zu lasen. Denn dem Mitleid ist man
fast geneigt, genauso so viel Aufmerksamkeit zu
widmen, wie dem Leid.
Aber du vereinst uns. Im Mitleid sind
wir miteinander im Leid. Alle nähern wir uns dem
Leid eines anderen. Wir trauern, wir leiden ein wenig
mit. In der Hoffnung, den Schmerz zu mindern.
Oft übertreibst du es und man weiß nicht mehr,
was man von dir halten soll. Aber oft unterschätzt
man dich. Denn du kannst die Solidarität mit dem
Schicksal bekunden. Nicht da, wo du selbst ge-
tröstet werden willst. Sondern dich zurück hältst
und das Schicksal in den Arm nimmst. Den Schmerz
streichelst. Da, wo du schweigst und einfach nur
zuhörst. Da, wo du die Tür öffnest und das
Leid willkommen heißt. Da, wo du Grenzen über-
schreitest im Schmerz und dich selbst nicht so
wichtig nimmst. Da, wo du dich anstellst. Da, wo
du einfach nur da bist im Leid. Da ist Mitleid
das, was es sein soll. Aber leider hast du oft die
Gestalt eines Mitreisenden angenommen.
Der sich gerne im Leid anderer spiegelt, um dann
das Geschehen zu verlassen mit dem einen Gedanken,
was für in Glück ist mir das nicht passiert.
Mitleid nimmt kein Leid. Sondern es hilft im Leid,
alles das zu tun oder zu lassen, um Menschen im
Leid nicht alleine zu lasen.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
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Brief an das Nichts
An dir haben sich schon viele versucht.
Dich logisch klar zu machen. Das Nichts.
Dabei glaube ich nicht an das Nichts im
Sinne des Wortes. Aber ich glaube an eine
menschliche Wahrnehmung des Nichts. Was aber
nicht gleichbedeutend mit dem Wort ist.
Denn es entgehen uns sehr viele Dinge.
Sie entgehen unserer Wahrnehmung im Nichts.
Wenn wir diese wahrnehmen würden, würden
Wir das Nichts als Etwas bezeichnen.
Deshalb ist in allem Nichts immer etwas.
Wann man in nichts blickt, sieht man sehr viel.
Wenn man im Nichts verwindet. Oder man hört
nichts. Man schmeckt nichts. Nichts ist eher
eine Bezeichnung für verändert, oder anders.
Wenn man Schnupfen hat, schmeckt man verändert.
Leider nicht so, als hätte man keinen.
Wenn man die Augen zu hält, sieht man verändert.
Aber man sieht immer etwas im Nichts.
Das Nichts im wahrsten Sinne des Wortes gibt es
somit nicht. Denn egal, wie leer oder dunkel, wie
leise oder welche Eigenschaft uns auch immer das Wort
„Nichts“ entlockt, es wird immer Etwas sein.
Somit haben wir für unsere Art der Wahrnehmung
Einen Begriff entwickelt. Der aber nicht der
allgemeinen Wahrnehmung entspricht.
Wenn jemand behauptet, er habe nichts in der Tasche,
kann das für jemand anderen alles andere als nichts
bedeuten. Somit verwenden wir Begriffe, die in
ihrem Ausdruck sehr viele Variable haben. Die
viel weiter auseinander gehen, als dies Wörter
an sich zu sagen scheinen. Wenn eine Frau sagt,
sie habe nichts anzuziehen. Oder ein Mann, er
habe nichts zu essen. Oder ein Kind, es habe nichts
zu spielen. Dann ist hinter diesem Nichts
sehr viel mehr als nichts. Somit gilt es immer,
das Etwas in dem Nichts zu erkennen und zu finden.
Denn wenn nichts wirklich nichts wäre, dann hätten
wir nichts zu verlieren.
19. Oktober 2004
Dich logisch klar zu machen. Das Nichts.
Dabei glaube ich nicht an das Nichts im
Sinne des Wortes. Aber ich glaube an eine
menschliche Wahrnehmung des Nichts. Was aber
nicht gleichbedeutend mit dem Wort ist.
Denn es entgehen uns sehr viele Dinge.
Sie entgehen unserer Wahrnehmung im Nichts.
Wenn wir diese wahrnehmen würden, würden
Wir das Nichts als Etwas bezeichnen.
Deshalb ist in allem Nichts immer etwas.
Wann man in nichts blickt, sieht man sehr viel.
Wenn man im Nichts verwindet. Oder man hört
nichts. Man schmeckt nichts. Nichts ist eher
eine Bezeichnung für verändert, oder anders.
Wenn man Schnupfen hat, schmeckt man verändert.
Leider nicht so, als hätte man keinen.
Wenn man die Augen zu hält, sieht man verändert.
Aber man sieht immer etwas im Nichts.
Das Nichts im wahrsten Sinne des Wortes gibt es
somit nicht. Denn egal, wie leer oder dunkel, wie
leise oder welche Eigenschaft uns auch immer das Wort
„Nichts“ entlockt, es wird immer Etwas sein.
Somit haben wir für unsere Art der Wahrnehmung
Einen Begriff entwickelt. Der aber nicht der
allgemeinen Wahrnehmung entspricht.
Wenn jemand behauptet, er habe nichts in der Tasche,
kann das für jemand anderen alles andere als nichts
bedeuten. Somit verwenden wir Begriffe, die in
ihrem Ausdruck sehr viele Variable haben. Die
viel weiter auseinander gehen, als dies Wörter
an sich zu sagen scheinen. Wenn eine Frau sagt,
sie habe nichts anzuziehen. Oder ein Mann, er
habe nichts zu essen. Oder ein Kind, es habe nichts
zu spielen. Dann ist hinter diesem Nichts
sehr viel mehr als nichts. Somit gilt es immer,
das Etwas in dem Nichts zu erkennen und zu finden.
Denn wenn nichts wirklich nichts wäre, dann hätten
wir nichts zu verlieren.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
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Brief an das Pendel
Es schwingt über unserem Leben. Schwingt
es stärker nach rechts, dann wird es der Physik
folgen und ebenso nach links schwenken.
Außer, das Pendel ist nicht mehr gerade, sondern
neigt sich, dann hält sich das Pendel verstärkt und
zunehmend auf einer bestimmten Seite auf.
So ist es mit dir im Leben. Du pendelst dich manch-
mal ein. Aber dann schlägst du aus. Ins Glück und
dann zur anderen Seite ins Pech. In die Liebe und
dann zum Hass. Viele Pendel schwingen so bemüht,
um die Ruhe im Gleichgewicht zu finden. Das Alter
lässt die Bewegungen ruhiger werden. Der Ausschlag
des Pendels nimmt ab. Und kommt über der ent-
sprechenden Eigenschaft genau in deren Mitte zur
Ruhe.
Außer die Eigenschaft an sich hat sich verschoben.
Dann kann das Pendel nicht das Gleichgewicht finden.
Es pendelt weiter im Versuch, die Mitte zu finden.
Oder es bleibt tendenziell über einer ausgeprägten
Eigenschaft stehen.
Leider gibt das Pendel Aufschluss über gute und
schlechte Eigenschaften und Verhaltensweisen. Denn
alles, was man verhaltensauffällig macht, scheint in
Bewegung zu sein. Der Mensch sollte um Ausgleich
bemüht sein. Aber das ist er in den seltensten
Fällen. Er geht der Bewegung nach und bringt, wie
auf einer Kinderschaukel, das Pendel weiter und
weiter zum Ausschlagen. Das nennt man dann Eskalation.
Die eigentlich zu verhindern wäre, wenn jemand die
Schaukel bremsen würde. Aber die Arroganz des
Erwachsenseins, gepaart mit dem Halbwissen, lässt
Menschen weiter und höher schaukeln.
Das Pendel unseres Gleichgewichts ist in Bewegung.
In starker Bewegung. Und die Menschheit ist nicht
imstande und bemüht, diese immer stärker werdenden
Pendelbewegungen in den Griff zu bekommen. Das
nennt man außer Kontrolle geraten. Die sich darum
bemühen, die werden nicht erhört. Sie halten die
Entwicklung nur auf. Und die sie aufhalten
könnten, sind gierig, ja süchtig nach der Schaukel.
Und bemerken nicht, in welche Gefahr diese Ausschläge
die Menschen sich und die Natur bringen.
19. Oktober 2004
es stärker nach rechts, dann wird es der Physik
folgen und ebenso nach links schwenken.
Außer, das Pendel ist nicht mehr gerade, sondern
neigt sich, dann hält sich das Pendel verstärkt und
zunehmend auf einer bestimmten Seite auf.
So ist es mit dir im Leben. Du pendelst dich manch-
mal ein. Aber dann schlägst du aus. Ins Glück und
dann zur anderen Seite ins Pech. In die Liebe und
dann zum Hass. Viele Pendel schwingen so bemüht,
um die Ruhe im Gleichgewicht zu finden. Das Alter
lässt die Bewegungen ruhiger werden. Der Ausschlag
des Pendels nimmt ab. Und kommt über der ent-
sprechenden Eigenschaft genau in deren Mitte zur
Ruhe.
Außer die Eigenschaft an sich hat sich verschoben.
Dann kann das Pendel nicht das Gleichgewicht finden.
Es pendelt weiter im Versuch, die Mitte zu finden.
Oder es bleibt tendenziell über einer ausgeprägten
Eigenschaft stehen.
Leider gibt das Pendel Aufschluss über gute und
schlechte Eigenschaften und Verhaltensweisen. Denn
alles, was man verhaltensauffällig macht, scheint in
Bewegung zu sein. Der Mensch sollte um Ausgleich
bemüht sein. Aber das ist er in den seltensten
Fällen. Er geht der Bewegung nach und bringt, wie
auf einer Kinderschaukel, das Pendel weiter und
weiter zum Ausschlagen. Das nennt man dann Eskalation.
Die eigentlich zu verhindern wäre, wenn jemand die
Schaukel bremsen würde. Aber die Arroganz des
Erwachsenseins, gepaart mit dem Halbwissen, lässt
Menschen weiter und höher schaukeln.
Das Pendel unseres Gleichgewichts ist in Bewegung.
In starker Bewegung. Und die Menschheit ist nicht
imstande und bemüht, diese immer stärker werdenden
Pendelbewegungen in den Griff zu bekommen. Das
nennt man außer Kontrolle geraten. Die sich darum
bemühen, die werden nicht erhört. Sie halten die
Entwicklung nur auf. Und die sie aufhalten
könnten, sind gierig, ja süchtig nach der Schaukel.
Und bemerken nicht, in welche Gefahr diese Ausschläge
die Menschen sich und die Natur bringen.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
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15:30
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Brief an das Privileg
Du bist in Vergessenheit geraten. Du
klingst so altmodisch. Dabei bist du
so wesentlich. Man begreift dich nicht,
sondern sieht dich nur in all denen,
die ein vermeintlich leichteres Los
im Leben gezogen haben, als man selbst.
Was für ein Irrtum, das eigene Privileg des
Lebens zu übersehen. Dass man ist.
Und das auch noch zu der Zeit, an dem Ort.
Wie viele haben dieses Privileg nicht
nutzen können. Sind zur falschen Zeit,
am falschen Ort geboren. Oder zur jetzigen,
aber auch am falschen Ort.
Deren Jammern kann ich nicht vernehmen.
Das Jammern um mich herum ist nicht mehr
mit anzuhören. Sie übersehen dich. Deinen
unschätzbaren Wert. Alle, was ist, ist ein
Privileg, das man wie einen Schatz behüten
muss. Das man pflegen, beschützen und weiter-
geben muss. Das Glück, die Gesundheit, die
Freiheit, alles Privilegien, die nur ganz
wenigen zuteil werden.
Und viele glauben, das wirklich verdient zu
haben. Womit? Sie hatten nur Glück. Und
so nackt und mittellos sie gekommen sind,
ebenso werden sie das Leben verlassen.
Verdient? Haben andere den Hunger, das Elend
verdient? Die Gewalt, den Tod, die Krank-
heit, hat man sich das alles redlich verdient?
Den Namen, den man trägt, was hat man für
diesen geleistet? Verdienen muss man sich
etwas im Leben. Verdienen kann man sich
Respekt, Liebe, Freundschaft, Ehrlichkeit,
Vertrauen. Das Menschen von einem nur Gutes
zu berichten haben. Das kann man sich verdienen.
Dafür ist uns das Privileg des Lebens bereit-
gestellt worden. Verdient haben sich viele nichts.
Was für eine Fehleinschätzung. Anstatt sich
über das Privileg zu freuen und zu versuchen,
ihm auf einem Lebensweg gerecht zu werden,
verfallen viele nur in die Selbstgerechtigkeit.
Das Leben ist kein Verdienst, es ist ein
Geschenk. Also hat das Leben es verdient, dass
man mit ihm umgeht als das, was es wirklich
ist – das Privileg.
19. Oktober 2004
klingst so altmodisch. Dabei bist du
so wesentlich. Man begreift dich nicht,
sondern sieht dich nur in all denen,
die ein vermeintlich leichteres Los
im Leben gezogen haben, als man selbst.
Was für ein Irrtum, das eigene Privileg des
Lebens zu übersehen. Dass man ist.
Und das auch noch zu der Zeit, an dem Ort.
Wie viele haben dieses Privileg nicht
nutzen können. Sind zur falschen Zeit,
am falschen Ort geboren. Oder zur jetzigen,
aber auch am falschen Ort.
Deren Jammern kann ich nicht vernehmen.
Das Jammern um mich herum ist nicht mehr
mit anzuhören. Sie übersehen dich. Deinen
unschätzbaren Wert. Alle, was ist, ist ein
Privileg, das man wie einen Schatz behüten
muss. Das man pflegen, beschützen und weiter-
geben muss. Das Glück, die Gesundheit, die
Freiheit, alles Privilegien, die nur ganz
wenigen zuteil werden.
Und viele glauben, das wirklich verdient zu
haben. Womit? Sie hatten nur Glück. Und
so nackt und mittellos sie gekommen sind,
ebenso werden sie das Leben verlassen.
Verdient? Haben andere den Hunger, das Elend
verdient? Die Gewalt, den Tod, die Krank-
heit, hat man sich das alles redlich verdient?
Den Namen, den man trägt, was hat man für
diesen geleistet? Verdienen muss man sich
etwas im Leben. Verdienen kann man sich
Respekt, Liebe, Freundschaft, Ehrlichkeit,
Vertrauen. Das Menschen von einem nur Gutes
zu berichten haben. Das kann man sich verdienen.
Dafür ist uns das Privileg des Lebens bereit-
gestellt worden. Verdient haben sich viele nichts.
Was für eine Fehleinschätzung. Anstatt sich
über das Privileg zu freuen und zu versuchen,
ihm auf einem Lebensweg gerecht zu werden,
verfallen viele nur in die Selbstgerechtigkeit.
Das Leben ist kein Verdienst, es ist ein
Geschenk. Also hat das Leben es verdient, dass
man mit ihm umgeht als das, was es wirklich
ist – das Privileg.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
um
15:20
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Brief an das Rasieren
Jeden Morgen denke ich: „Heute mal nicht.“ Dann
beschließe ich kurzzeitig, den Bart mal stehen
zu lassen. Und mich nicht wieder dieser Übung
hingeben zu müssen. Der Vorsatz hält in der Regel
nie lange durch. Denn nur einen Bruchteil später
überwinde ich mich dann doch. Mir scheint, es
wäre ein Merkmal, Ansatz, ein Indiz für Verwahr-
losung, für Gleichgültigkeit. Im Knast oder im
Urlaub, da kann das mal vorkommen. Aber im
normalen Leben ist das ein Hinweise. Den jeder selber
sich interpretiere. Also, rasiere ich mich doch.
Und die Argumente sind auch immer dieselben.
Meine Lieben mögen es nicht, wenn es kratzt.
Somit habe ich wieder eine fadenscheinige
Erklärung, die genügt, um den Rasierschaum aus der
Dose zu lassen. Das Rasieren ist so eine Konstante
in meinem Leben. Oft würde ich diese gerne ver-
ändern, aber außer einem kleinen Bärtchen hier,
einem gepflegten Drei-Tage-Bart dort, ist es immer
gleich geblieben. Glatt rasiert wie ein Kinder-
popo. Eigentlich nervt das Rasieren ungemein.
Denn es bringt Widrigkeiten mit sich. Als ich
endlich in die Pubertät kam, konnte ich es gar nicht
erwarten, ein Haar nach dem anderen zu rasieren.
Damals konnte ich noch nicht erahnen, was das
für lebenslängliche Begleiterscheinungen mit sich
bringt. Brennen der Haut, Schnitte, empfindliche
Stellen. Jeden Tag, jeden Tag, seit über 25
Jahren. Was da an Hektolitern Rasierschaum, an
Kilos von Rasierklingen schon bei draufgegangen
sind. Und wenn man bedenkt, dass man jeden Tag so ca.
drei Millimeter rasiert, dann sind das in 25 Jahren sage
und schreibe 27.375 Millimeter, das sind wiederum
2.737,5 Zentimeter, was wiederum 27,37 Meter ent-
spricht. Hätte ich also mich nie rasiert, würde
ich mit einem Bart von fast 30 Metern herumlaufen.
Unpraktisch und sicherlich auch anstrengend.
Man würde von meinem Gesicht nichts sehen und ich
könnte auch nur schwer aus den Augen blinzeln. Wenn
der mal in Brand geraten wäre oder wie viele Essensreste
darin spurlos verschwunden wären. Da ist man doch froh, den Bart
jeden Tag flach gehalten zu haben. Gilt für vieles im
Leben. Was man täglich rasiert, dann kein Ungetüm
werden.
19. Oktober 2004
beschließe ich kurzzeitig, den Bart mal stehen
zu lassen. Und mich nicht wieder dieser Übung
hingeben zu müssen. Der Vorsatz hält in der Regel
nie lange durch. Denn nur einen Bruchteil später
überwinde ich mich dann doch. Mir scheint, es
wäre ein Merkmal, Ansatz, ein Indiz für Verwahr-
losung, für Gleichgültigkeit. Im Knast oder im
Urlaub, da kann das mal vorkommen. Aber im
normalen Leben ist das ein Hinweise. Den jeder selber
sich interpretiere. Also, rasiere ich mich doch.
Und die Argumente sind auch immer dieselben.
Meine Lieben mögen es nicht, wenn es kratzt.
Somit habe ich wieder eine fadenscheinige
Erklärung, die genügt, um den Rasierschaum aus der
Dose zu lassen. Das Rasieren ist so eine Konstante
in meinem Leben. Oft würde ich diese gerne ver-
ändern, aber außer einem kleinen Bärtchen hier,
einem gepflegten Drei-Tage-Bart dort, ist es immer
gleich geblieben. Glatt rasiert wie ein Kinder-
popo. Eigentlich nervt das Rasieren ungemein.
Denn es bringt Widrigkeiten mit sich. Als ich
endlich in die Pubertät kam, konnte ich es gar nicht
erwarten, ein Haar nach dem anderen zu rasieren.
Damals konnte ich noch nicht erahnen, was das
für lebenslängliche Begleiterscheinungen mit sich
bringt. Brennen der Haut, Schnitte, empfindliche
Stellen. Jeden Tag, jeden Tag, seit über 25
Jahren. Was da an Hektolitern Rasierschaum, an
Kilos von Rasierklingen schon bei draufgegangen
sind. Und wenn man bedenkt, dass man jeden Tag so ca.
drei Millimeter rasiert, dann sind das in 25 Jahren sage
und schreibe 27.375 Millimeter, das sind wiederum
2.737,5 Zentimeter, was wiederum 27,37 Meter ent-
spricht. Hätte ich also mich nie rasiert, würde
ich mit einem Bart von fast 30 Metern herumlaufen.
Unpraktisch und sicherlich auch anstrengend.
Man würde von meinem Gesicht nichts sehen und ich
könnte auch nur schwer aus den Augen blinzeln. Wenn
der mal in Brand geraten wäre oder wie viele Essensreste
darin spurlos verschwunden wären. Da ist man doch froh, den Bart
jeden Tag flach gehalten zu haben. Gilt für vieles im
Leben. Was man täglich rasiert, dann kein Ungetüm
werden.
19. Oktober 2004
Geschrieben von Christof Hintze
in Wortkunst
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